Mütterverein

Gründung des Müttervereins Darup im Jahre 1903 und die ersten Jahre seines Bestehens

Nach dem Tode des langjährigen Pfarrers von Darup, Heinrich Stöffing, ernannte der Bischof von Münster den bisherigen Domvikar und Sekretär im Bischöflichen Generalvikariat zu Münster, Dr. theol. et phil. August Bröckelmann, zum Pfarrer von Ss. Fabian und Sebastian in Darup. Der neue Pfarrer wurde am 24. September 1896 feierlich durch den Coesfelder Landdechand Hubert Niehof in sein Amt eingeführt.

Schon sehr rasch widmete sich der neue Pfarrer insbesondere dem kirchlichen Vereinsleben. Den bereits unter seinem Vorgänger im Jahre 1865 gegründeten Cäcilienchor ließ er neu beleben, rief im Jahre 1899 den „Musikverein Darup“ ins Leben, eine Blaskapelle, die bis zur zwangsweisen Auflösung in der NS-Zeit in Darup Bestand haben sollte und die das kirchliche und kulturelle Leben dort sehr bereicherte.

Im Jahre 1902 bereitete Bröckelmann durch entsprechenden Schriftverkehr die Gründung einer Pfarrbücherei als sogenannten „Borromaeusverein“ in Darup vor. Die freilich noch bescheidene Bücherei konnte bereits im Folgejahr ihre Arbeit in Darup aufnehmen. Sie besteht bekanntermaßen noch heute als „Katholische öffentliche Bücherei Darup“ und kann in diesem Jahr ebenfalls auf ihr 100jähriges Bestehen zurückblicken.

Bestand für die männliche Jugend der Pfarrgemeinde durch Mitgliedschaft in der 1857 gegründeten Marianischen Junggesellen-Sodalität die Möglichkeit einer sittlich-religiösen Organisierung, die sich für verheiratete Gemeindemitglieder regelmäßig in der 1809 in Darup errichteten „Todesangstbruderschaft“ (der aber auch unverheiratete Katholiken angehörten) fortsetzte, so fehlte ein entsprechendes Gegenstück für die weiblichen Gemeindemitglieder.

In den umliegenden Pfarrgemeinden war es unlängst zur Gründung von sogenannten Jungfrauenkongregationen und Müttervereinen gekommen, so daß Pfarrer Dr. Bröckelmann den „sittlichen Notstand seiner weiblichen Pfarrkinder“ nicht länger hinzunehmen gedachte.

Folgerichtig ergriff er die Initiative und beantragte die kirchenrechtliche Errichtung eines Müttervereins durch den Bischof von Münster. Dieser war über die Initiative des Daruper Pfarrers äußerst erfreut, wie sich aus dem erhaltenen persönlichen Handschreiben des Bischofs Hermann Dingelstad vom 23. Oktober 1903 an Pfarrer Dr. Bröckelmann ergibt. Darin heißt es:

Mein lieber Herr Pfarrer!

Soeben erfahre ich, daß Sie Ihrer Gemeinde einen Mütter-Verein schenken. Da kann ich doch nicht unterlassen, Ihnen meinen besonderen Dank auszusprechen. Möge Ihnen der l[iebe] Gott all die Arbeit u[und] Sorge, die Sie diesem schönen Vereine widmen tausendfach lohnen u[nd] denselben zu einer reichen Quelle werden lassen, wie des Segens für Ihre Pfarrkinder so auch der Freude u[nd] des Trostes für Sie selbst.

Mit herzlichem Gruß und Segenswunsch

Ihr ergebenster

+ Hermann,

B[ischof] v[on] M[ünster]

 

Noch am selben Tage verfügte der Münsteraner Bischof die kanonische Errichtung des katholischen Müttervereins Darup. Über diesen kirchenrechtlich nicht unbedeutenden Akt haben sich im Pfarrarchiv noch zwei Urkunden erhalten. Zugleich wurde Pfarrer Dr. Bröckelmann zum ersten Präses des Müttervereins ernannt. Die Geburtsstunde der heutigen Daruper Frauengemeinschaft war damit geschlagen.

Zugleich konnte nun in Regensburg um die Angliederung des Daruper Müttervereins an die dortige Erzbruderschaft nachgesucht werden, was von dort mit Urkunde vom 7. Novmeber 1903 genehmigt wurde.

Am 3. Sonntag nach Epiphanie, dem 24. Januar 1904 konnte das Stiftungsfest des „Vereins der christlichen Mütter Darup“ feierlich begangen werden. An diesem Tage erklärten 191 Daruper Mütter ihren Beitritt. Gemäß Bischöflicher Ermächtigung erwählte und ernannte Pfarrer Dr. Bröckelmann den ersten Vorstand des Vereins auf zwei Jahre. Ihm gehörten neben dem bereits genannten Präses folgende Daruperinnen an:

1.      Frau Witwe Schulze Darup, Vorsteherin

2.      Frau Kolon Anton Reckmann zu Hastehausen, stellvertretende Vorsteherin

3.      Frau Heinrich Frieling, Darup

4.      Frau Kolon Niehues, Hövel.

Bereits im November 1903 hatte Pfarrer Dr. Bröckelmann bei der Laumann‘schen Buchhandlung in Dülmen 600 Exemplare der genehmigten Statuten drucken lassen, worüber er am 24. November 1903 eine Rechnung von 23, 25 Mark erhielt, die er noch am 9. Dezember 1903 durch Postanweisung beglich.

Im Frühjahr 1905 ließ der Mütterverein bei der Paramenten- und Fahnenfabrik Glass-Egeling in Münster zwei Kreuzfahnen von grünem Seidendamast nach gelieferter Bildvorlage anfertigen. Sie zeigen einerseits die schmerzhafte Gottesmutter und andererseits die Mutter Anna. Die Fahnen wurden je an einem Querstock mit Knäufen geliefert und kosteten pro Stück 200 Mark. Für die zwei ebenfalls gelieferten Langstangen zum Tragen der Fahnen wurden je 25 Mark berechnet, so daß Pfarrer Dr. Bröckelmann am 10. Mai 1905 insgesamt die stolze Summe von 450 Mark bei Glass-Egeling bezahlte und quittieren ließ.

Die Kosten der Neuanschaffungen wurden teilweise durch die Kasse des Müttervereins, aber auch durch mehrere Kollekten erbracht. Von den beiden alten Fahnen hat sich heute noch eine Fahne erhalten. Sie zeugt auch nach gut 100 Jahren noch von der großen Kunstfertigkeit ihrer Hersteller.

Der Jahreslauf der Mitgliederinnen des Müttervereins wurde von den vier obligatorischen Versammlungen geprägt. Nach einem erbaulichen religiösem Vortrag folgte der gegenseitige Austausch in gemütlicher Runde, ehe man in die Pfarrkirche hinüberging, wo die Anbetung des Allerheiligsten erfolgte. Zuweilen entfiel jedoch auch der Vortrag, so daß man sich ausschließlich zur Andacht und Anbetung in der Kirche versammelte.

Im Laufe der kommenden Jahre entwickelte sich ein blühendes Vereinsleben. Kaum eine katholische Mutter in Darup hatte ihren Beitritt noch nicht erklärt und so flossen auch die Einnahmen in die „Mütterkasse“ reichlich. Hieraus wurden zunächst die Kosten bestritten, die bei den schon erwähnten jährlichen Versammlungen, Andachten und Kommunionen anfielen. So erhielt beispielsweise der Daruper Küster aus der Mütterkasse jährlich vier Mark für die Bedienung bei den Andachten sowie zwei Mark für das vorherige halbstündige Glockenläuten,  der Organist erhielt für seine musikalische Begleitung jährlich sechs Mark. Darüber hinaus konnten jedoch auch vereinzelt Zuschüsse für Anschaffungen der Pfarrgemeinde bestritten werden. So beschloß der Vorstand des Müttervereins in seiner Sitzung vom 20. November 1907 zur Anschaffung eines neuen vernickelten Rauchfasses, daß Fritz Potthoff aus Münster liefern sollte, einen Zuschuß von 38 Mark aus der Vereinskasse zahlen zu wollen. Auch übernahm der Mütterverein hin und wieder die Rechnungen der Geschwister Lammerding in Darup, die regelmäßig die Rochetts von Pfarrer und Kaplan wuschen und bügelten, wofür je Rochett 65 Pfennig berechnet wurden. Als Pfarrer Dr. Bröckelmann im Jahre 1910 neue Sakristeifenster anfertigen ließ, beteiligte sich der Mütterverein mit 100 Mark an den Kosten dieser Neuanschaffung. Schon im Jahre 1908 hatte man sich zusammen mit der im Jahre 1904 errichteten Jungfrauen-Kongregation Darup eine weitere Fahne angeschafft, die als Trauerfahne für das Vortragen bei Begräbnissen von Vereinsmitgliederinnen Verwendung finden sollte.

Die neue Fahne sollte bedauerlichweise schon bald Verwendung finden. So beispielsweise im Mai 1911, als Frau Witwe Wilhelm Frieling, die dem Vorstand des Müttervereins seit 1910 angehört hatte, zu Grabe getragen werden mußte.

Besonders groß war die Trauer, als nur zwei Jahre später, am 6. März 1912, der Gründer des Müttervereins, Pfarrer Dr. August Bröckelmann an den Folgen einer schweren Lungenentzündung in dem von ihm errichteten neuen Pfarrhause in Darup verstarb. Am 11. März 1912 wurde er tiefbetrauert von den Pfarrangehörigen zur letzten Ruhe gebettet. Das Publikandumsbuch der Kirchengemeinde beschriebt die Ordnung für die Trauerfeierlichkeiten, die am 10. März 1912 bekannt gegeben wurde:

Am Montagmorgen wurde der Sarg um 9.45 Uhr vom Pfarrhause abgeholt. Die Engelchen gaben dem Sarg das Geleite zur Kirche, die Schulkinder und Mitglieder der Jünglings-Sodalität bildeten Spalier. Der Sarg fand nun Aufstellung im Chorraum der Kirche, es folgte das feierliche Requiem, woran sich die Predigt anschloß. Der Zug zum Friedhof ordnete sich folgendermaßen: Schulmädchen, Schulknaben, Marianische Jungfrauenkongregation, Mütterverein, Marianische Junggesellensodalität, jeweils mit Fahnen, sodann Kirchenchor und Geistlichkeit. Hinter dem Sarg folgten die nächsten Verwandten, der Kirchenvorstand, die Kirchengemeindevertretung und zuletzt die Pfarrgemeinde.

Die Lücke, die der Verstorbene in Darup hinterließ war groß und die Trauer war noch längst nicht überwunden, als der Bischof von Münster mit der Ernennung des gebürtigen Havixbeckers Franz Althoff zum Pfarrer von Darup bereits im April 1912 einen Nachfolger für Bröckelmann bestimmte.

Franz Althoff wurde auch zum Präses des Müttervereins ernannt und sollte der Daruper Pfarrgemeinde bis zu seinem Tode im Jahre 1947 vorstehen. Fast auf den Tag genau 35 Jahre nach dem Tode seines Vorgängers, am 9. März 1947 verstarb Althoff im gesegneten Alter von 80 Jahren.

Inzwischen waren zwei Weltkriege ins Land gegangen, alleine im Ersten Weltkrieg waren 78 Söhne aus Darup auf den Schlachtfeldern gefallen. Die Jahre des Krieges spiegeln sich auch im Vereinsprogramm des Müttervereins wieder. Neben dem Gebet für die Gefallenen werden aber auch vermehrt Sammlungen für die an der Front stehenden Soldaten durchgeführt. Die allgemeine Not endete auch nicht mit dem Schweigen der Geschütze an den Fronten im November 1918. Erst sehr allmählich bessern sich die Verhältnisse. Die heimkehrenden Kriegsversehrten stellen die Familien allerorts vor neue Probleme. Auch hier war der Mütterverein gefragt. Durch praktische und unkomplizierte Hilfe wird versucht, die Not vor Ort zu lindern.

Auf Betreiben von Pfarrer Althoff kamen 1920 die Heiligenstädter Schulschwestern nach Darup. Sie übernahmen nun Aufgaben in der ambulanten Krankenpflege sowie Säuglings- und Wöchnerinnenpflege, richteten aber noch im gleichen Jahr eine Näh- und Handarbeitsschule ein. 1924 waren auch die räumlichen Möglichkeiten geschaffen, um eine „Bewahrschule“, also einen Kindergarten für die noch nicht schulpflichtigen Kinder in Darup einzurichten. Im Juni 1924 übernahm die aus dem Noviziat kommene, bis heute unvergessene Schwester Helma Gröning (1898 – 1985) als Erzieherin die Leitung des Kindergartens, der für viele Mütter in Darup eine enorme Erleichterung darstellte. Schwester Helma sollte 52 Jahre lang die Leitung des Kindergartens in Darup inne haben, bis sie im Jahre 1976 nach Umzug des Kindergartens in den Neubau „Am Hagenbach“ die Leitung in jüngere Hände übergab.

Die Heiligenstädter Schwestern hielten fortan aber auch so manche Lehrveranstaltung im Kreise des Müttervereins, aber auch der Jungfrauenkongregation ab und waren oftmals Anlaufstelle für viele Frauen in Darup.

Die nationalsozialistische Machtergreifung im Jahre 1933 sollte auch schon bald in Darup spürbare Veränderungen hervorrufen. Am 1. März 1937 wurde das Münsteraner Kirchenblatt durch die Staatspolizei verboten, es folgte das Verbot der noch nicht aufgelösten oder gleichgeschalteten kirchlichen Vereine und Verbände. So wurde beispielsweise die eingangs schon erwähnte Marianische Junggesellensodalität Darup durch Verfügung der Geheimen Staatspolizei  vom 30. Oktober 1937 verboten. Bei Kaplan Niehoff beschlagnahmte ein Beamter in Zivil und der Gendarmeriewachtmeister von Osterwick sämtliche Akten der alten Jünglingssodalität, das Barvermögen in Höhe von rund 30 RM und einen Bildbandapparat im Werte von 110 RM. Von diesen Auflösungsaktionen blieben Jungfrauenkongregation und Münnterverein erstaunlicherweise unberührt. Sie wurden wohl nicht als ernsthafte Konkurrenten der staatlichen Zwangsvereinigungen angesehen. Daher konnten beide Frauenvereine in Darup auch in der NS-Zeit und während des Krieges weiterhin ein wenn auch den Zeitumständen angepaßtes und eingeschränktes Veranstaltungsprogramm durchführen und auch weiterhin Neumitglieder aufnehmen.

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